Fünfzehnmal Tschernobyl – Mitten in Europa tickt eine Zeitbombe

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In der Ukraine sind von 15 Reaktoren der vier Atomkraftwerke zu jedem Zeitpunkt nur etwa 7 in Betrieb – dies sagt viel über den Zustand der Meiler aus. Als sei dies nicht genug, setzt die ukrainische Staatsführung auch noch Brennstäbe aus den USA ein.

Mitten in Europa tickt eine Zeitbombe – genaugenommen, 15 davon. Anders lässt sich die Lage um die Kernkraftwerke in der Ukraine nicht beschreiben. Sie abzuschalten, kann die Ukraine sich nicht leisten, weil sie mittlerweile über die Hälfte des Bedarfs an Elektrizität decken – Alternativen wären für das Land mit seiner zerfallenden Wirtschaft schlicht zu teuer.

So ganz Ernst zu nehmen scheint die Ukraine das Atomkraft-Problem nicht: Die ukrainische Regierung will sogar  das radioaktiv verseuchte Tschernobyl für Besucher öffnen.

Doch auch weiterbetreiben dürfte die Ukraine sie strenggenommen nicht – erst recht nicht mit Brennstäben des US-Herstellers Westinghouse, für die die Reaktoren gar nicht ausgelegt sind.

Atompolitische Debatte

Das ukrainische Atomprogramm startete in den 1970er Jahren mit dem Bau von vier Reaktoren in Tschernobyl. Es folgte ab den 1980er Jahren ein massiver Ausbau der Atomkraft an vier weiteren Standorten, wobei fast durchwegs sehr groß dimensionierte Druckwasser-AKWs entstanden. 1986 ereignete sich dann der weltweit bislang dramatischste Atomunfall an Block 4 in Tschernobyl. Gleich nach dem Super-GAU wurde – unter vielfach tödlicher Verstrahlung vieler Arbeiter – ein Sarkophag aus Stahl und Beton um den zerstörten Reaktorblock gebaut. Dessen Zustand ist jedoch schon längst besorgniserregend: seit Jahren gilt die marode Decke als akut einsturzgefährdet. Mit dem durch die Risse eindringenden Regenwasser könnte eine erneute Kettenreaktion in Gang gesetzt werden.

Nachdem 1992 auch in Block 2 in Tschernobyl ein Feuer ausgebrochen war, beschloss das ukrainische Parlament zunächst die Stilllegung dieser hochgefährlichen Reaktoren und stoppte den Bau an drei weiteren Standorten. Doch die wirtschaftlich marode Situation des Landes bewirkte schon bald eine Aufhebung dieser Beschlüsse. Der letzte Reaktor von Tschernobyl, von der Regierung als Verhandlungsmittel in internationalen Finanzprogrammen eingesetzt, stellte schließlich erst im Jahre 2000 endgültig den Betrieb ein. Im Gegenzug erreichte die Regierung eine Finanzhilfe für die unsinnige Fertigstellung von Reaktoren in Khmelnitsky und Rovno, die die Überkapazität der ukrainischen Stromproduktion noch erhöhen wird. 2009 schlossen Russland und die Ukraine ein Abkommen zum Fertigbau von Khmelnitsky und die vollständige Belieferung der Ukraine mit russischen Kernbrennstäben.

Anti-Atom-Proteste

Nach der Reaktorkatastrophe gab es weltweit Aktionen gegen den Weiterbetrieb der anderen Tschernobyl-Blöcke. Gegen den Kredit der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) für den Weiterbau der AKWs gab es Ende der 1990er Jahre europaweiten Protest. Mitglieder einer ukrainischen Umweltorganisation wurden dabei mehrfach Opfer des staatlichen Sicherheitsdienstes, wurden inhaftiert oder erhielten Morddrohungen.

Der Anteil der Atomenergie am Gesamtstrom beträgt 55,06 Prozent.

Standort Tschernobyl [stillgelegt]

Störfälle (Auswahl):

  • September 1982: Block 1: Unfall im Block (INES 5).
  • 1986: Block 4: bei einem fehlgeschlagenen Sicherheitstest explodiert der Block. Die Russische Akademie der Wissenschaften geht bisher von 60.000 Todesfällen in Russland und 140.000 in der Ukraine und Weißrussland aus, die durch den Super-GAU verursacht wurden.

Standort Khmelnitsky

Blick 1: Hochsicherheitsreaktor, älter als 30 Jahre

Störfälle (Auswahl):

  • 2015: Block 1: Kühlwasser-Leck an für Reparaturarbeiten abgeschaltetem Reaktor
  • 2016: Block 1: Austritt von radioaktivem Wasser, Notabschaltung

Standort Rovno

Block 1, 2, 3 Hochrisikoreaktor, kein Containment

Störfälle (Auswahl):

  • 2013: Block 3: Notabschaltung nach Abfall des Wasserstands in den Dampferzeugern und der Abschaltung der Hauptumwälzpumpen

Standort Süd-Ukraine

Alle Blöcke: Hochrisikoreaktor, äler als 30 Jahre

Störfälle (Auswahl):

  • 2012: Block 2: Ausfall des Transformators und der Hochspannungsleitung führt zu Reaktorschnellabschaltug.

Standort Saporischschja

Block 1, 2, 3, 4, 5: Hochrisikoreaktor, älter als 30 Jahre

Störfälle (Auswahl):

  • 2015: Notabschaltung als Folge von Netzunstabilität durch Sabotage (Sprengung von Hochspannungs-Masten in der Krim-Region durch Separatisten)

Quelle:

https://www.global2000.at/atomkraft-der-ukraine

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