Die verheerenden Brände in Australien haben sich mittlerweile so gewaltig ausgeweitet, dass sie jetzt ihr eigenes Wetter erzeugen.
Die australische Regierung hat angekündigt, 3.000 Militärreservisten zur Bewältigung der beispiellosen Buschfeuerkrise einzuberufen, die albtraumhafte “Firenados” – mit dieser Wortschöpfung im Englischen sind zyklonförmige Feuertornados gemeint – und Bedingungen verursacht, die einige bereits mit den Folgen eines Atomkrieges vergleichen.
Am Samstag versuchte der unter Druck geratene Premierminister Scott Morrison der Bevölkerung zu versichern, dass seine Regierung entschlossene Maßnahmen ergreifen werde, um die seit September wütenden Brände einzudämmen. Laut AFP sagte Morrison:
“Die heutige Entscheidung bringt mehr Stiefel auf den Boden, bringt mehr Flugzeuge in den Himmel, bringt mehr Schiffe auf See.”
Die Verstärkung durch 3.000 Reservisten bei der Brandbekämpfung, bei der bereits rund 2.000 Militärangehörige eingesetzt sind, stellt nach Angaben der New York Times die in der Geschichte Australiens wahrscheinlich größte Rettungsoperation von der See aus dar. Militärflugzeuge, Marineschiffe und andere Einsatzmittel werden ebenfalls zur Verfügung gestellt, um die Evakuierungs- und Brandbekämpfungsmaßnahmen zu unterstützen.
Verteidigungsministerin Linda Reynolds sagte dazu:
“Die Regierung hat diese Entscheidung nicht leichtfertig getroffen … Es ist das erste Mal seit Menschengedenken, dass Reserven auf diese Weise abgerufen werden”.
Die Umweltkatastrophe wurde durch ein unheilvolles Zusammentreffen von extremen Winden, rekordverdächtigen Hitzewellen und dürrebedeckten Wäldern, Grasland und Buschland geschürt.
Australiens Buschfeuer sind so ungeheuerlich angewachsen, dass sie ihr eigenes Wetter in Form von Pyro-Cumulonimbus-Wolken erzeugen – Trockengewitter, die weitere Feuer verursachen –, so das Amt für Meteorologie des Staates Victoria. Durch Feuer erzeugte Gewitter sind an zwei verschiedenen Orten über den Bränden aufgetreten. Die NASA beschreibt sie als “feuerspeiende Wolken-Drachen”.
The #AustralianBushfires are so intense they are creating fire-induced thunderstorms capable of starting new fires through lightning, lofting of embers and generation of powerful wind outflows. Aptly named #pyrocumulonimbus @cnni @CNN @CNNweather @CopernicusEU @BOM_au pic.twitter.com/vIdr89dD84
— Derek Van Dam (@VanDamCNN) January 2, 2020
[übersetzt:] Die Buschfeuer in Australieen sind so intensiv, dass sie durch Feuer verursachte Gewitter auslösen, die wiederum durch Blitzeinschlag, Glutbildung und Erzeugung von starken Windströmungen weitere Feuer entfachen können.
Die Stürme haben der Ausbreitung von Bränden und schnellen, unberechenbaren Veränderungen eine unvorhersehbare Dynamik verliehen, berichtet CNN. Neil Bennett, Sprecher des Büros für Meteorologie, sagte gegenüber der australischen nationalen Rundfunkgesellschaft ABC:
“Die Vorhersage des Brandwetters in Bezug auf den Wind ist sehr wesentlich. Wenn Sie wie bei einem Gewitter ein sehr variables Windumfeld haben, sind diese Winde sehr, sehr schwer vorherzusagen.“
Die Trockengewitter haben zudem Zyklon-Feuertornados (“Firenados“) ausgelöst, die in den letzten Tagen durch den Luftraum über Südaustralien gezogen sind.
Incredible footage of a so-called "fire twister" on #KangarooIsland has revealed the intensity of the flames burning near the Ravine Des Casoars Wilderness Protection Area. ?️
?: Kangaroo Island resident Brenton filmed this yesterday. #ausfires #SouthAustralia pic.twitter.com/VngAwBEomL
— ABC Adelaide (@abcadelaide) January 3, 2020
Unglaubliche Aufnahmen eines sogenannten “Feuerwirbels” auf #KangarooIsland zeigen die Intensität der Flammen in der Nähe des Wildnisschutzgebiets Ravine Des Casoars.
Am Montag wurde der Feuerwehrmann Samuel McPaul bei einem schlimmen Vorfall getötet, als das durch das Feuer verursachte extreme Wetter sein 12-Tonnen schweres Feuerwehrauto in die Luft wirbelte und es auf sein Dach warf. Zwei weitere Feuerwehrleute am Einsatzort mussten wegen in dem “launischen” Wetter erlittener schwerer Verbrennungen behandelt werden.
Shane Fitzsimmons, der Chef der Feuerschutzbehörde von New South Wales, war sichtlich erschüttert, als er mitteilte, wie der Lastwagen in einer Welle von Zykon-Winden umgeworfen wurde. Er erläuterte dazu:
“Die örtlichen Besatzungen am Unfallort beschreiben das, was sie erlebten, als wirklich schrecklich. Sie schilderten es als außergewöhnliches Windereignis und als Feuertornado. Wir stehen vor einer völlig verzweifelten Familie und einer erschütterten örtlichen Gemeinde, die gerade einen außergewöhnlichen Verlust erlitten haben.”
Seit Samstag sind bereits 23 Menschen durch die tödlichen Brände ums Leben gekommen, die über 50.000 Quadratkilometer Land, eine Fläche größer als die Schweiz, in Brand gesteckt haben. Am Samstag bestätigte der Leiter der Feuerwehr in New South Wales, Shane Fitzsimmons, gegenüber Reportern, dass in seinem Bundesstaat weiterhin über 148 aktive Brände wüten, von denen sich 12 auf Notstandsniveau befinden. In Victoria dauern nach Angaben der Behörden nach wie vor 50 Brände an.
According to my phone, this was over Dandongadale pic.twitter.com/hH1FMchaa7
— Merrin Macleod (@merxplat) January 4, 2020
Bright, VIC pic.twitter.com/fl4LPsBih2
— Merrin Macleod (@merxplat) January 4, 2020
Ökologen befürchten, dass fast 500 Millionen Säugetiere, Reptilien und Vögel, darunter 8.000 Koalas, getötet wurden, wobei die derzeitige Todeszahl nicht berechnet werden kann. Der riesige Verlust von Leben droht das Gleichgewicht ganzer Tier- und Pflanzenarten auf einem Inselkontinent für immer zu vernichten, auf dem 87 Prozent der Wildtiere einheimisch sind, das heißt nur in Australien vorkommen.
Kängurus, Koalas, Wallabys, Wombats, Potoroos, Bandicoots, Echidnas, Opossums und andere Arten leben in Regionen, die derzeit von den Bränden heimgesucht werden – und weil sich die Brände mittlerweile auf Feuchtgebiete, trockene Eukalyptuswälder und sogar Regenwälder ausgeweitet haben, gibt es für die Tiere keinen Zufluchtsort.
Jim Radford, ein wissenschaftlicher Mitarbeiter an der La Trobe Universität in Melbourne, sagte gegenüber der Times:
“Wir haben noch nie solche Brände gesehen, nicht in diesem Ausmaß, nicht auf einmal, und den Bestand an Tieren, die kommen und diese Gebiete neu bevölkern könnten, gibt es möglicherweise nicht mehr.”
Viele Experten verwenden Begriffe zur Beschreibung der Krise, die früher undenkbar gewesen wären. Der New Zealand Herald berichtet, dass Andrew Constance, der Transportminister in NSW, gegenüber ABC Radio erklärte:
“Ich will ehrlich zu Ihnen sein, dies ist kein Buschfeuer, es ist eine Atombombe. Es ist unbeschreiblich, was für eine Hölle es geschaffen und was für eine Verwüstung sie angerichtet hat.”
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Verweise:
- https://www.afp.com/en/news/15/military-reservists-called-thousands-flee-australian-fires-doc-1nf6kw3
- https://www.nytimes.com/2020/01/04/world/australia/fires-military.html?smtyp=cur&smid=fb-nytimes
- https://edition.cnn.com/2020/01/02/world/australia-victoria-firenado/index.html
- https://www.dw.com/en/australia-thousands-trapped-on-beach-as-fires-approach/a-51841665
- https://themindunleashed.com/2019/12/half-billion-animals-feared-dead-australias-fires-8000-koalas.html