Titelbild: Abholzung eines Regenwaldes im Congo
Die tropischen Wälder Afrikas, zu denen auch das Kongobecken gehört, sind permanent bedroht. Die Deutsche Welle sprach mit Abraham Baffoe von der gemeinnützigen Umweltorganisation ‘Proforest’ darüber, was auf dem Spiel steht und was getan werden muss, um die fortschreitende Entwaldung zu stoppen.
Zu den tropischen Wäldern Afrikas zählen die Guineischen Wälder in Westafrika und das Kongobecken, ein ausgedehnter Regenwald, der oft auch als die “zweite Lunge der Welt” bezeichnet wird. Die Wälder des Kontinents speichern 171 Gigatonnen Kohlenstoff, beherbergen viele Pflanzen und Tiere, die es nirgendwo sonst auf der Welt gibt und schätzungsweise 100 Millionen Menschen versorgen.
Abraham Baffoe, Afrika-Regionaldirektor bei Proforest, sprach gegenüber der Deutschen Welle über die Bedrohungen, denen diese Wälder ausgesetzt sind, und die dringende Arbeit, die zur Bekämpfung der Entwaldung unternommen werden muss.
Wie weit ist die Entwaldung in Afrika bereits fortgeschritten?
Abraham Baffoe: “Afrika beherbergt das zweitgrößte zusammenhängende Waldgebiet der Welt, aber leider ist dieser Wald im Begriff, zu verschwinden, und er verschwindet sehr schnell. Derzeit gehen in einigen afrikanischen Ländern etwa 2 bis 3 Prozent pro Jahr an Wald verloren, in einigen Ländern sogar noch wesentlich schneller. Bei dieser Geschwindigkeit könnten wir alles verlieren, wenn nichts getan wird.
In den letzten 100 Jahren hat Westafrika rund 90 Prozent der Waldfläche verloren. In vielen afrikanischen Ländern sind die einzigen verbleibenden Wälder dauerhaft der Forstwirtschaft vorbehalten, d.h. sie sind geschützt.
Mittlerweile haben wir in Gebieten wie Ghana und der Elfenbeinküste keinen Wald mehr außerhalb der Reservate, und jetzt werden sogar die Reservate durch übermäßiges Abholzen und komerzielle Ausschöpfung missbraucht und zerstört. Im Kongobecken, wo es noch Wälder außerhalb der Reservate gibt, schreitet das Verschwinden dieser Gebiete aufgrund von Landwirtschaft, Rohstofferschließung und landwirtschaftlicher Tätigkeit von Kleinbauern sehr schnell voran.”
Welche weiterreichenden Auswirkungen hat die Entwaldung auf den Kontinent?
“Offen gesagt, gehen die Auswirkungen der Entwaldung aus meiner Sicht weit über das hinaus, was wir Menschen uns überhaupt vorstellen können. Es gibt mehrere Dinge, die wir nicht wissen, und deshalb können wir nicht ganz einschätzen, welche Auswirkungen der Verlust unseres Waldes haben wird.
Was wir wissen, ist die Auswirkung, die es auf die Biodiversität haben wird. Wenn Sie den westafrikanischen Wald betrachten, so ist er eines der vielfältigsten Ökosysteme der Welt. Es gibt mehrere Tier- und Pflanzenarten, die nur in diesen Wäldern vorkommen. Sie können nicht ohne ihren Lebensraum überleben. Wenn also der Wald verlorengeht, werden auch sie verschwinden.
Hinzu kommen die Auswirkungen der Beschleunigung des Klimawandels – soviel wissen wir heute alle – sowie die erheblichen wirtschaftlichen Folgen. Bedenklich sind auch die Folgen für die Menschen, die sozial und wirtschaftlich auf den Wald angewiesen sind.
Zum Beispiel gibt es Ureinwohner, die im Kongobecken leben, und der Wald ist ihre Lebensgrundlage. Wir zerstören den Lebensraum dieser Menschen – und das bedeutet, dass wir sie aus dieser Welt vertreiben, wozu wir kein Recht haben.”
Das Kongobecken wird vielfach als die “zweite Lunge der Welt” bezeichnet
Wie intensiv ist die Zusammenarbeit zwischen den Entscheidungsträgern auf der politischen Ebene?
“Meiner Ansicht nach sind Zusammenwirken und Zusammenarbeit unerlässlich, wenn man das Problem der Entwaldung wirklich angehen will. Die Bekämpfung der zugrunde liegenden Ursachen der Entwaldung können Regierungen nicht allein leisten. Der private Sektor kann es allein ebenfalls nicht bewältigen. Es erfordert gemeinsame Anstrengungen des Privatsektors, der Regierung und auch der im Wald lebenden Bevölkerung.
Es ist zudem wichtig, dass wir nicht nur über die Erhaltung und den Schutz nachdenken. Wir müssen zudem sicherstellen, dass wir für die lokalen Gemeinschaften Lebensgrundlagen und wirtschaftliche Perspektiven entwickeln. Wir müssen ihre Unterstützung bekommen, und das funktioniert nicht, wenn sie nicht wissen, wie sie überleben werden — wenn sie morgens aufstehen, und nicht wissen, wie sie ihre Kinder und Familie mit Nahrung versorgen sollen.”
Welche Rolle hat die Afrikanische Palmöl-Initiative 2016 gespielt?
“Das war der Beginn erster Zusammenarbeit. Es war ein bedeutsamer Moment, als die wichtigsten Interessengruppen in den afrikanischen Ländern zusammenkamen und erkannten, dass Dinge wie Palmöl, das für die Produktion verwendet wird, die Hauptursache für die Abholzung sind.
In Lateinamerika liegt der Schwerpunkt eher auf Soja und Rindern, aber wir haben erkannt, dass unser Schwerpunkt in Afrika auf Palmöl liegen muss. Das Kernstück der Initiative ist die Erkenntnis, dass Regierung und Privatwirtschaft zusammenwirken müssen, um Grundsätze für die Zuteilung und Nutzung von Land zu schaffen.
Bei der Initiative geht es nicht darum, dass alles Palmöl generell schlecht ist, sondern dafür zu sorgen, dass es verantwortungsvoll und nachhaltig gewonnen wird, und dafür zu sorgen, dass der Wohlstand zwischen privaten Unternehmen und der lokalen Gemeinschaft geteilt wird. Die Tatsache, dass wir uns mit den großen Ländern darin einig waren, ist ein wesentlicher Fortschritt.
In Liberia zum Beispiel haben wir eine Gemeinde gesehen, die sagte, wenn wir als Bauern auf unser Land kommen, wollen wir nicht lediglich Arbeiter in der Ölpalmenplantage, sondern wir wollen auch Eigentümer unserer Palme sein.
Und für mich ist das eine phänomenale Aussage. Die liberianische Regierung hat die Prinzipien der Initiative umgesetzt und erklärt, dass keinem Unternehmen Land zur Verfügung gestellt wird, ohne dass das Unternehmen verpflichtet wäre, kleinbäuerliche Betriebe für die Gemeinschaft zu schaffen.”
Haben Sie als Experte, der sich mit diesem Thema beschäftigt, Hoffnung auf eine erfolgreiche Zukunft bei der Bekämpfung der Entwaldung in Afrika?
“Wenn wir den Status quo aufrechterhalten würden, wäre ich sehr entmutigt und hätte das Gefühl, dass für die Wälder Afrikas keine Hoffnung besteht. Wenn wir jedoch zu einer stärkeren Zusammenarbeit zwischen Regierung und Privatsektor übergehen und uns einig sind, was zu tun ist, bin ich sehr positiv und hoffnungsvoll.
Aber ich kann nicht sagen, dass ich mir der Zukunft hundertprozentig sicher bin — denn es ist das eine, sich auf diese Prinzipien zu einigen, etwa wie diejenigen in der Afrikanischen Palmöl-Initiative, aber es ist etwas anderes, sie auch vor Ort in die Tat umzusetzen.
Die Vereinbarung ist erst vor zwei Jahren getroffen worden, so dass wir noch nicht sehen konnten, was sie bewirken kann. Aber ich hoffe, dass, wenn wir so weitermachen, wie wir begonnen haben, dann wird es in drei oder vier Jahren konkrete und nachweisbare Erfolge geben.”
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