In Nordhessen, verborgen unter der Stadt Heringen, liegt einer der giftigsten Orte der Welt: die Untertagedeponie (UTD) Herfa-Neurode. Während das havarierte Endlager Asse-II in Niedersachsen oft als gefährlichster Ort Deutschlands gilt, nimmt dieses Salzbergwerk jedes Jahr 40.000 Tonnen hochtoxischer Abfälle auf und macht es damit zu einem bedeutenden Ort der Giftmüllentsorgung.
Die Geschichte des Bergwerks und seine Kapazitäten
Die Deponie befindet sich in einem ehemaligen Salzbergwerk, das ursprünglich zur Kali- und Salzgewinnung angelegt wurde. Durch den jahrzehntelangen Abbau von Salz und Kalium entstand ein riesiges Netz aus unterirdischen Stollen und Kavernen, das sich über hunderte Meter erstreckt. Nach der Schließung des Bergwerks wurde die Anlage als Deponie umgenutzt, wobei die natürlichen Barrieren des Salzstocks für zusätzliche Sicherheit sorgen sollten.
Sichere Barrieren und potenzielle Risiken
Eine 300 Meter dicke Salzschicht, die sich durch ihre gasdichten Eigenschaften auszeichnet, wird von einer 100 Meter wasserdichten Tonschicht überlagert. Diese natürlichen Barrieren sollten sicherstellen, dass die giftigen Abfälle für immer dort bleiben, wo sie gelagert wurden. Künstliche Barrieren verstärken den Schutz, und die Deponie gilt als isoliert von der Oberfläche und dem Grundwasser. K+S hat die Anlage mit zahlreichen Sicherheitsvorkehrungen ausgestattet und betont, dass die Einrichtung sogar für Szenarien wie Erdbeben oder Meteoriteneinschläge geprüft wurde. Geologen bestätigen, dass die geologische Lage von Herfa-Neurode besonders vorteilhaft ist.
Risiken der Lagerung in der Tiefe
Kritiker weisen darauf hin, dass Risiken trotz dieser Sicherheitsvorkehrungen bestehen. Auf der thüringischen Seite des Kaliwerks Werra dringen jährlich bis zu 50.000 Kubikmeter Wasser in das Bergwerk ein. Da die thüringischen und hessischen Bergwerke unterirdisch verbunden sind, könnte Wasser auch in die Untertagedeponie eindringen. 1989 verursachte der Zusammenbruch eines benachbarten Schachtes ein Erdbeben der Stärke 5,6. Die Lagerung hochtoxischer Abfälle wie Arsen, Dioxin, Furan, Zyanid und Quecksilber birgt in Kombination mit eindringendem Wasser eine erhebliche Gefahr für die Region. Es besteht die Möglichkeit, dass toxische Stoffe ins Grundwasser gelangen.
K+S und das Vertrauen in die Sicherheit
K+S ist ein börsennotiertes Unternehmen und der weltweit größte Anbieter von Kali- und Salzprodukten. Die Betreiberfirma betont die Langzeitsicherheit und Nachhaltigkeit der Untertagedeponie, die als sicherer Ort für Giftmüll angesehen wird. Ein Sprecher nennt die Anlage “langzeitsicher und nachsorgefrei.” Zwei Deponiefelder sind bereits gefüllt, und ein drittes wurde kürzlich eröffnet. Es ist geplant, weitere Felder zu nutzen, da der Stauraum unter Tage noch für Jahrzehnte reicht.
Radioaktive Abfälle: Eine bewusste Entscheidung
Obwohl Herfa-Neurode eine theoretische Lagerkapazität für radioaktive Abfälle hat, erlaubt K+S diese nicht. Diese Entscheidung wurde bewusst getroffen, um politische Kontroversen zu vermeiden. Die Kombination aus wärmeentwickelndem Atommüll und Giftmüll könnte zu gefährlichen Wechselwirkungen führen.
Die Entsorgungsmisere für Atommüll in Deutschland
Die Entsorgung von Atommüll ist weiterhin ein ungelöstes Problem in Deutschland. Asse-II ist als Standort nicht mehr geeignet, und auch Gorleben, das lange als potenzielles Endlager in Betracht gezogen wurde, weist erhebliche Sicherheitsmängel auf. Daher muss ein neuer, bundesweit sicherer Standort für die Lagerung von wärmeentwickelndem Atommüll gefunden werden.
Langzeitsicherheit und transparente Überwachung
Die Lagerung von Giftmüll in der Untertagedeponie Herfa-Neurode bleibt eine komplexe Herausforderung. Während K+S Vertrauen in die Sicherheit der Deponie zeigt, bleibt die Langzeitsicherheit ungewiss. Kritiker fordern mehr Transparenz bei der Überwachung der Deponie und eine klare Risikoabschätzung. Sollte die Deponie scheitern, könnten toxische Stoffe auslaufen und schwere Umweltschäden verursachen. Daher bedarf es einer umfassenden Analyse, um die Sicherheit für kommende Generationen zu gewährleisten.
Schutz vor potenziellen Gefahren
Neben der fortlaufenden Überwachung sollten weitere Schutzmaßnahmen umgesetzt werden, um das Eindringen von Wasser zu verhindern und die Sicherheit der Deponie zu verbessern. Der Salzstock von Herfa-Neurode muss einer regelmäßigen Überprüfung unterzogen werden, um geologische Veränderungen frühzeitig zu erkennen. Zudem sollten unabhängige Wissenschaftler in die Überwachung einbezogen werden, um objektive Gutachten zu erstellen.
Der Weg nach vorne: Nachhaltigkeit und Innovation
Um zukünftige Generationen zu schützen, müssen nachhaltige und innovative Lösungen gefunden werden. Die Reduzierung der Produktion toxischer Abfälle, das Recycling und die sichere Entsorgung müssen priorisiert werden. Herfa-Neurode kann als Beispiel für die Notwendigkeit von mehr Transparenz und Risikobewusstsein dienen.
Fazit: Ein Balanceakt zwischen Sicherheit und Realität
Der giftigste Ort Deutschlands liegt tief unter der Erde, verborgen in einem riesigen Netz aus stillgelegten Salzstollen. Während K+S auf die Sicherheit der Untertagedeponie vertraut, bleibt die Zukunft ungewiss. Ein umfassender und transparenter Ansatz ist notwendig, um die langfristige Sicherheit der Deponie zu gewährleisten und künftige Generationen vor den Risiken des Giftmülls zu schützen.