Grundsätzlich sehe ich es sehr positiv, dass REWE und Edeka das Thema Nachhaltigkeit für sich entdecken und auch den Kampf gegen Plastik beobachte ich mit Freuden.
Ich verstehe auch, dass in einem Supermarkt auch Produkte stehen, die von Nachhaltigkeit weiter entfernt sind als Michael Wendler von guter Musik, aber wenn Produkte von diesen Unternehmen für den REWE Nachhaltigkeitspreis nominiert werden, dann fühle mich fairarscht.
Nestlé, Mars, Coca Cola und Einwegtücher für den REWE Nachhaltigkeitspreis nominiert.
Wir haben uns die Nominierten mal genauer angeschaut.
Coca Cola mit seiner Bio Limo VIO ist nominiert. Tatsächlich verhält sich Coca Cola in seiner Wasserbeschaffung nicht gerade charmanter als Nestlé – Da hilft es auch nichts, dass man Biofrüchte in die Zuckerplörre quetscht. Hervorgehoben wird hier die von Coca Cola entwickelte PlantBottle. Die Idee eine Alternative zur PET Flasche zu entwickeln ist zwar lobenswert, aber das Ding ist eben nur eine Blendgranate. Tatsächlich enthält sie lediglich 14% pflanzen-basierte Stoffe, die Basis ist nach wie vor Rohöl. 77,5 % Terephthalsäure und nicht Bio-Ethanol. Mehr dazu in dieser Präsentation von der TU Dortmund
Bei den Leibniz Schokokeksen hatte es die Jury wohl sehr schwer wenigstens einen Grund zu finden. Die Kekse sind nominiert, weil sie UTZ Zertifiziert sind – Ende. Also erfüllt Leibniz hier gerade mal die absoluten Mindeststandards. UTZ hat mit Rainforrest Alliance die geringsten Standards. Es gibt noch nicht einmal eine Mindestmenge an fair gehandelten Kakao um das UTZ Logo auf die Verpackung zu drucken. Drin ist also irgendwas zwischen ganz wenig und etwas mehr fair gehandeltem Kakao.
Auch bei Balisto (Mars) ist das UTZ Siegel wohl der einzige Grund warum man den Konzern nominiert, der in diesem Jahr für die Rodung von 5.000 Hektar Regenwald zu Gunsten von Palmöl mit verantwortlich war.
Nestlé ist direkt 4 mal für den REWE Nachhaltigkeitspreis nominiert. Mit der Wagner Pizza, Maggi Gemüsebrühe, KitKat und Smarties. Echt jetzt, REWE?
Ok, es geht hier nicht um den Konzern, lassen wir also fairerweise das Wasserthema mal außen vor und beziehen uns ausschließlich auf die nominierten Produkte. Alles über Nestlé und bessere Alternativen findest Du hier.
KitKat und Smarties. Auch hier ist die Tatsache, dass eine nicht näher spezifizierte Menge Kakao fair gehandelt wurde für REWE ausreichend um diese beiden Schoko-Produkte als “nachhaltig” einzustufen. Zwar hat Nestlé versprochen (genau wie Mars) Palmöl nur noch biologisch anzubauen und keinen Regenwald zu roden, aber auch Nestlé hat dieses Versprechen bereits gebrochen, genau wie Mars. Dass die Schokolinsen in natürliche Farben und nicht in Chemiepampe getunkt werden, ist zwar schön – aber ein Bekenntnis zu Nachhaltigkeit ist das sicher nicht.
Wagner Thunfisch Pizza. Das MSC Siegel für den Thunfisch ist für REWE Grund genug Wagner zu nominieren. Das MSC Siegel!? ernsthaft? Also das Siegel bei dem Grundschleppnetze erlaubt sind, die den Meeresboden und damit die Kinderstube vieler Tiere irreparabel zerstören. Das Siegel, dass eben auch Thunfisch Fangflotten zertifiziert – Thunfische und Delfine bilden eine Fressgemeinschaft. Thunfische zu fangen ohne Delfine dabei zu töten ist eine Illusion. Kurz: MSC ist das Siegel das in der Kritik steht wie kaum ein anderes. Mehr dazu auf tagesschau.de
Noch mehr MSC-zertifizierten Fisch findet man in Iglo Fischstäbchen, die selbstverständlich auch für den REWE Nachhaltigkeitspreis nominiert sind.
Maggi Gemüse Brühe enthält Biozutaten, keine Hefeextrakte und steckt im recycelbaren Glas. Ich weiß jetzt nicht was daran besonders nachhaltig sein soll. Aber prinzipiell kann ich an dem Produkt nichts schlechtes finden, außer dass es eben aus dem Hause Nestlé stammt.
Landliebe ist mit seiner Butter und der Milch nominiert für seine artgerechte Tierhaltung. Wie die aussieht kann man im SWR Markencheck sehen. Die Untersuchung der Fettsäuren hat ergeben, dass der Grünfutteranteil nicht besonders hoch ist. Die Tiere leben in Laufställen mit wenigen Metern Auslauf. REWE hat hier also lediglich die PR Information abgeschrieben.
Danone setzt bei der Produktion von Actimel auf regionale Bauern. So So. Wahrscheinlich hat das Ochsenfurter Werk deshalb die Verträge mit den 46 regionalen Bauern zum 01.01.2019 gekündigt. Und was genau wird in Ochsenfurt produziert? Genau! Actimel. Soviel also zum Thema “Danone arbeitet mit lokalen Bauern zusammen”.
Zewa Wisch&Weg. Ein Küchentuch, das nach der einmaligen Verwendung auf dem Müll landet, aber für den REWE Nachhaltigkeitspreis nominiert ist. Guter Gag! Dass die Tücher so sparsam sein sollen ändert nichts an der Tatsache, dass ein Einwegprodukt einfach ein Einwegprodukt ist. “Nur” ein Papiertuch im Müll ist wie “nur” eine Schlinge um den Hals.
Das ist Greenwashing!
Ich wage die Behauptung, dass die meisten der abstimmenden User gar nicht wissen was Nachhaltigkeit bedeutet, da werden einfach die 3 Produkte gewählt, die man eh regelmäßig in den Einkaufswagen legt, ohne sie selbst zu hinterfragen – Am Ende geht es ja eh nur um die tollen Preise die man gewinnen kann.
Deshalb hat so ein Preis für mich keinerlei Glaubwürdigkeit. Dramatisch finde ich aber, dass man Unternehmen, die schwer in der Kritik stehen hier eine Plattform bietet und am Ende die Möglichkeit gibt sich als “nachhaltig” zu betiteln. Selbst wenn sie nicht gewinnen ist das ein sanfter grüner Anstrich für Unternehmen, denen Umwelt, Natur und Mensch herzlich egal sind.
Das verwässert den Grundgedanken! Nachhaltigkeit ist mehr als ein paar Biozutaten.
Es wirkt so, als würde REWE bestimmten Lieferanten hier ein Goodie in den Garten werfen wollen. Damit das nicht sofort auffällt hat man dann doch noch ein paar echte nachhaltigen Produkte in die Liste genommen. Durchaus wählbar sind zum Beispiel:
- SHARE
- Jack Wolfskin
- Speick Duschgel
- Andechser Natur
- Berchtesgardener Land
- Insect Dog
- Lavera Naturkosmetik
- Koawach
- Café Intención von J.J. Darboven
- Goldeimer Toilettenpapier